Bayrische Meisterschaften Mitteldistanz in Lauingen 2014

 Angelique Sigl und Norbert Höschel werden Bayrische Meister in ihrer AK

Wen interessiert schon ein WM-Spiel…

… wenn man Bayerischer Meister werden kann

 

Bayerischer Meister zu werden ist eigentlich ganz einfach. Man muss nur in möglichst jungem Alter, am besten weiblichen Geschlechts, in der Lage sein, eine Mitteldistanz sicher zu finishen. Denn auf der Distanz ist man in der AK1 (wohl meist) konkurrenzlos, so wie ich in Lauingen am 22.06.2014 konkurrenzlos war.

Das lag vielleicht auch an dem WM-Spiel einen Tag zuvor, und obwohl ich mit Fußball schon was anfangen kann, habe ich die Priorität auf den Wettkampf gelegt. Sprich: zur Halbzeit war die Glotze aus, damit man um 4:45 Uhr wieder aufstehen kann.

Ich wollte in Lauingen möglichst viel Zeit haben, schließlich hatte mir mein neuer Hochprofil-Laufradsatz etwas Sorgen gemacht; sei es schleifen an den Bremsen, unerklärliches Rattern im Zahnkranz und überhaupt war das ganze einfach Müll! Eigentlich war überhaupt nichts und die Dinger sind eigentlich super, aber einen Tag vor dem nächsten Wettkampf dreh ich im Allgemeinen durch und jedes Klackern wird als die ultimative Selbstzerstörung des Radls interpretiert. Genauso wird ein Knacksen im Knie als Meniskusschaden bewertet und man überlegt, ob man solche Wettkämpfe überhaupt finishen sollte.

Es war vielleicht nicht die schlaueste Idee, drei Wochen nach meiner ersten –Halben- in Ingolstadt gleich noch eine Mitteldistanz hinterherzuschieben, aber es ist die Distanz, die mir bislang am besten gefallen hat. Der Titel Bayerische Meisterin war natürlich ein besonderes Zuckerl oben drauf.

So war ich pünktlich zur Startnummernausgabe um 6:30 Uhr im Rathaus in Lauingen.

Schuhe in die zweite Wechselzone einchecken, zurück zum Auto, Rad ausladen und sich wieder darüber wundern, warum vorne die Bremsen schleifen. Über so einem Schmarrn musste ich mich zwei Stunden vor Start ärgern. Mit offenen Bremsen würde man nicht Radfahren, sagte mein Alter. Aber mit geschlossenen Bremsen den Laufradsatz ruinieren? War das wirklich die bessere Idee? Als Alternativ-Laufradsatz hatte ich den ursprünglichen Satz dabei, wenn es gar nicht anders geht.

Ich bin dann in Richtung Start am Auwaldsee los gefahren und auf dem Weg dorthin habe ich zum Glück Norbert getroffen. Der meinte gleich, dass ich die Bremsen offen lassen soll.

Ich hatte eh nicht vor zu bremsen. Außerdem ziehen die auch offen.

Der erste Punkt in Sachen neue Laufräder war damit erledigt. Der zweite Punkt: ich hatte keine 7 bar drin. Unsere lumpige Luftpumpe bringt nicht mehr wie 6 bar rein, die gute Luftpumpe hat Korbi. Der war halt nicht da, sodass ich meine Probefahrt mit 6,5 bar gemacht habe. Aber Norbert hat mich hier natürlich wieder gerettet, und so hatte ich eineinhalb Stunden vor Start endlich ein fahrtüchtiges aufgepumptes Radl da stehen.

Wir sind dann weiter zum Auwaldsee, Rad einchecken, Schwimmstrecke anschauen, in den Neo rein, einschwimmen. Vom Wasser aus habe ich dann gehört, wie die Wettkampfbesprechung anfing. Der Moderator erklärte die Schwimmstrecke. Vier Bahnen innen rum, dann doch wieder drei Bahnen außen rum, links rum, rechts rum, kapiert hab ich das sowieso nicht mehr. Ich dachte mir nur, dass ich sowieso nicht in die Verlegenheit komme, alleine vorne zu schwimmen. Hinterherschwimmen geht auch, wenn man nicht weiß, wo man hin muss.

Dazu gab der Sprecher immer ein „Okeee“ mit dazu, als ob er uns fragen wollte, ob es für uns Okeee sei, so zu schwimmen wie er es sagte. Als ob ich da zu verhandeln beginnen würde, wie viel Runden dass ich schwimmen will.

Am Schluss stand dann fest, im Innenkanal zwischen kleiner Boje (links von einem) und großer Boje (rechts von einem) muss man durch, das ganze drei Mal, dann durfte man zum Schwimmausstieg. Das war dann Okeee.

Ich war dann zweieinhalb Minuten vor Start am Wasser gestanden und wollte meine Schwimmbrille aufsetzen. Das funktionierte noch. Die saß recht locker, sodass ich das Gummiband festzog, so wie ich das schon gut 2 Jahre so mache. Aber damit, dass ich 2 Minuten vor Start Opfer der Materialermüdung werde, habe ich niemals gerechnet. Es machte Kracks und ich hatte Brille in einer Hand. Nicht das Gummiband war kaputt, nein. Natürlich die Halterung, wo das Gummiband drin ist. Extra so, dass man gar nix mehr damit anfangen kann. Kurzschlussreaktion; zu Norbert laufen und fragen, ob er eine zweite Schwimmbrille dabei hatte. Klar, als ob er in seinem Neo eine zweite Brille versteckt hätte…

Der meinte, ich soll zum Moderator gehen und der soll durchsagen, dass eine Schwimmbrille gebraucht wird. Ich war beim Moderator gestanden und der meinte, dass ich zwei Minuten vor Start keine Schwimmbrille mehr bekäme, ich könne ja einfach ohne schwimmen, das habe er auch schon gemacht

Ja, 2 km ohne Brille schwimmen, ist vielleicht noch eine andere Hausnummer als 500 m. Aber ich fand mich damit ab und wollte schon zurück zum Start gehen, als ein Kerl am Absperrgitter gerufen hat „He du, i hätt da oine, de kansch ham.“

Was? Ich weiß nicht, ob der Zuschauer war, oder einer von der Sprintdistanz oder Olympischen Distanz, auf jeden Fall war ich dem so dankbar, dass ich es gar nicht ausdrücken kann. Ich hab ihm versprochen, dass er die Schwimmbrille garantiert wieder zurück bekommt und nochmals danke gesagt, auch wenn ein „Danke“ eigentlich viel zu wenig ist. Er meinte nur, ich könne die Schwimmbrille auch behalten, das sei schon OK.

Wahnsinn diese Typen!

So stand ich am Start und zog mir die Schwimmbrille auf, und da bemerkte ich schon, dass dies keine günstige ist. Selbst nach über 20 Minuten im Wasser war die Brille noch glasklar, wo meine alte Brille längst beschlagen ist.

Schwimmen konnte man recht gut. Bei 150 Startern zog sich das Feld schnell auseinander, sodass ich mit nur zwei anderen auf eine Höhe geschwommen bin. Wir haben uns aber nicht gehauen, so wie das eigentlich üblich wäre. Hatte ja jeder seinen Platz.

Nach gut 36 Minuten bin ich aus dem Wasser gekommen und wunderte mich: War die Schwimmstrecke kürzer? Auf dem Weg in die Wechselzone war dann ein Kumpel von dem „Schwimmbrillenverleiher“ gestanden, der mir dann zugerufen hatt: „Hey bist du des mit der geliehenen Schwimmbrillen?“. Ich antwortete: „Ja, wo ist der?“. Er meinte: „Die kansch mir glei gebe, i gibs iahm weiter.“ Ich hab ihm die Brille in die Hand gedrückt und wieder Danke gesagt.

Wie oft dass ich an dem Tag schon Leuten dankbar war, weil sie mir den Tag schon mit irgendetwas gerettet haben, unaussprechlich.

In der Wechselzone hockte ich mich wie immer auf den Boden. Ich habe festgestellt, dass ich den Neoprenanzug leichter runter bekomme, wenn ich es nicht stehend mit Gewalt versuche. Noch schnell ein Gel reingepfiffen und weiter geht’s. Auf der Radstrecke habe ich dann bemerkt, dass mein Tacho nicht angesprungen ist. Ich habe ungefähr 500 m überlegt, ob ich den Tacho gangbar machen soll, schließlich ist es ja schon schön zu wissen, wie schnell man fährt. Dann dachte ich mir aber wieder, naja, schnell fahren muss ich so oder so und die halbe Minute wo das wieder dauert, spar ich mir lieber.

Daher bin ich blind gefahren, weshalb ich mir sozusagen eigene Anhaltspunkte auf dem Weg suchte. Das erste war eigentlich der Kreisverkehr, dürfte ca. 1,5 km von der Stadt, bzw. später Ziel, weg sein. Der zweite wichtige Punkt war ein toter Igel am Straßenrand, das war nach geschätzt 4 km. Die Runde musste vier Mal gefahren werden, daher merkte ich mir so etwas. Nach vielleicht 7 km fuhr man unter einer Brücke durch.

So vergingen Runde um Runde, Wendepunkt nach jeweils 10 km und wieder zurück.

In der Stadt war bergauf der Versorgungsstand und man rief mir zu; Riegel, Wasser! Ich rief zurück: „Beides.“ Das Wasser erwischte ich, den Riegel habe ich nach der Wende bekommen, wozu die Helferin extra die Straßenseite gewechselt hat. Wie sich die Helfer bemühen, diese kranken Triathleten zu versorgen, ist einfach schön.

Nach 2:21 Stunden auf dem Rad kam ich dann in die zweite Wechselzone. Man sagte mir „Da musch jetz da hinter laffn, dann kansch da dein Rad nei hänga.“ Da hinter laufen; das waren gefühlt 4 km, in echt vielleicht 300 m. Also gut, Rad abgehängt, Laufschuhe gesucht und raus auf die Laufstrecke. Da schickten die uns erst einmal auf ein Brückengerüst, welches über die Straße führte und ich dachte mir, wenn ich da öfter rauf muss, dann wird das sowieso nix mehr mit meinen 2 Stunden beim Laufen.

Es ging dann aber erst mal den Stadtwall runter, das war dann OKeee. Als ich dann ca. einen halben Kilometer gelaufen war, wurde mir bewusst: ach scheiße, ich muss ja noch 19,5 km Laufen… Da kam schon der Gedanke, warum nicht einfach Olympisch, da wärens nur noch 9,5. Aber ich war ja hier, um Bayerischer Meister zu werden, und da mein Rad jetzt so schön gehalten hat und doch nicht auseinander gefallen ist, lag es nur noch an mir, das Ding heim zu bringen.

Mittags um 12 wurde es dann doch recht heiß und ich bemerkte wie schwach ich von der Mitteldistanz in Ingolstadt noch war. Ich bin dann eigentlich nur gemütlich in meinem Sonntagsrunden-Jogging-Tempo gelaufen. Es kam ja auf nichts mehr an, ich hatte keine Konkurrentin in meiner AK, und für nichts abschießen wollte ich mich nicht, zumal ich nicht wusste, ob und wie ich ein höheres Tempo hätte halten können.

Nach etwa einem Kilometer war da eine Parkbank, auf der lag ein Penner, ruhig schlafend und überhaupt unbeeindruckt von der laufenden Masse einen Meter neben ihm. Insgeheim glaube ich, dass es reine Provokation war von dieser Sau, weil ich wahrscheinlich nicht die Einzige war, die sich dachte, wie gerne würde ich mit dem tauschen.

Norbert ist mir dann auch entgegen gekommen, das war nur eine Frage der Zeit, bis er mich überrundet. Kann man nix machen.

Bei Kilometer 2 war dann der nächste Versorgungsstand mit Iso und Wasser, wo ich mich immer vollgeschüttet habe. Es ging dann noch einen halben Kilometer weiter raus zu dem Wendepunkt und den Typen, die die Läufer stricheln, die vorbei gekommen sind.

Die hatten halt auch einen coolen Job, saßen da in ihrem Klappstuhl, oben ohne, ließen sich aufbrennen… Wie gerne hätte ich mit denen getauscht.

Die gleiche Tour ging es dann zurück, wieder am Versorgungsstand vorbei, am Penner, den Stadtwall rauf, Wendepunkt. Das Ganze noch drei Mal, redete ich mir immer ein, nur noch 15 km, ist ja nicht mehr so weit. Irgendwann schaltet das Hirn aber ab, dann muss man sich nicht mal mehr was einreden, da läuft man einfach, läuft seine Anhaltspunkte (Wendepunkt, Versorgung, bergab, Publikum, Penner, grüner Tümpel, Versorgungsstand, Wendepunkt) ab und checkt nicht mehr was passiert.

Auf meiner letzten Runde ist dann noch einer von den Wettkampfrichtern mit dem Radl an mir vorbei gefahren und hat mir zugerufen „Mei des schaugt ja no total locker aus.“ Ja so langsam wie ich gelaufen war, musste des wenigstens locker aussehen, alles andere wäre echt mies gewesen.

Das letzte Mal als ich an dem Wendepunkt mit den zwei Playboys umgedreht habe, war ich gespannt wie ein Schnitzel. Bin ich Letzte? Das würde sich auf die letzten zweieinhalb Kilometer rausstellen, denn da konnte ich die Leute sehen, die noch hinter mir waren.

Zu meiner Erleichterung: ich war nicht Letzte. Ich glaube vier oder fünf Kerle und eine Frau kam mir noch entgegen. Die würden mich nicht mehr einholen. Ganz entspannt ging es die letzten zwei Kilometer zurück und ich war so froh.

Das Publikum dort war schon der Wahnsinn, die haben nicht nur die Besseren gefeiert sondern auch solche langsameren. Auf der Startnummer stand der Name drauf, sodass sie einen sogar mit Namen anfeuerten.

Und dann, endlich nicht um den Wendestab rum, sondern auf die Zielgeraden, Gott sei Dank!

Nach 5:12 war ich im Ziel. Vier Minuten schlechter als Ingolstadt. Aber das war und ist mir egal. Ich hab es beim Laufen einfach gut sein lassen und mich nicht mehr geplagt, daher auch die 2:08 Stunden dafür (muss ich ohnehin froh sein, vor einem Jahr wäre mir das nicht einmal in einem Solo-Lauf gelungen). Dafür war ich in Schwimmen und Radeln um jeweils 3 Minuten schneller als Ingolstadt und das ist mir irgendwie viel mehr wert, als dass mich eine verkackte Laufzeit runter ziehen könnte. Außerdem; ich war im Ziel und amtierender Bayerischer Meister der Mitteldistanz. Was will man mehr.

Im Ziel war mein Hirn matsche und ich steuerte erst einmal verplant durch den Zielbereich als mir Norbert schon entgegen gekommen ist. Der meinte, er müsse auch zur Siegerehrung da bleiben, weil er wohl auch einen Treppchen-Platz gemacht hat. Wir sind zur Verpflegung gegangen, wo es gefühlt alles gab mit Joghurt, Obst, Kuchen, Brote… Essen konnte ich davon aber nur die Aprikosen oder was das für ein oranges weiches Obst war. Könnten auch Pfirsiche gewesen sein, ist sowieso alles da gleiche.

Wir wollten dann unsere Räder holen, wo uns meine Eltern entgegen gekommen sind. Fünf Minuten zu spät, wie so oft. Kein Wunder, dass die mit Triathlon nichts anfangen können, wenn sie vom Wettkampf eigentlich gar nichts mehr mit kriegen.

Aber zumindest konnten sie zur Siegerehrung ein paar Fotos machen.

Norbert und ich sind also zu unseren Rädern gegangen und meine Eltern in eine Eisdiele. Ich sagte zu Norbert, dass ich mein Rad jetzt irgendwie vorbei schmuggeln müsse, da die von meinen Hochprofilfelgen noch gar nichts wissen. Norbert dazu: „Ja für wos dadst sunst dei Goid ausgem? Für d´Aussteier? Kaffeeservice und Handdiacha?“

Wo er Recht hat. Das denk ich mir nämlich auch.

Nach einer kalten Dusche am Auwaldsee ging es zurück zur Innenstadt, wo um halb vier die Siegerehrung stattfand.

Zuerst die Gesamtsieger, dann beginnend mit der AK1 Frauen. Ich durfte auf das riesige Siegerpodest (und war froh, die Stufen noch steigen zu können) und man überreichte mir den Pokal für die Bayerische Meisterschaft sowie die Medaille für die offene Wertung in Lauingen. Pokal und Gold, ja geht eigentlich.

Und schließlich war Norbert Erster in seiner AK. Der hatte es nicht ganz so leicht wie ich, da waren noch 15 Konkurrenten, aber der ist einfach verdient Bayerischer Meister (nicht so wie ich, die sich den Titel mehr oder weniger erschlichen hat)

Im Großen und Ganzen ein Top-Tag bei schönem Wetter und trotz ein paar kleineren Pannen gesund ins Ziel gekommen und noch dafür geehrt worden.

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